Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie
bei MKG Sinsheim

Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie = MKG

Im Bereich von Mund, Kiefer und Gesicht treffen auf relativ kleinem Raum sehr komplexe anatomische Strukturen aufeinander, die eine Vielzahl von Aufgaben wie Atmen, Kauen, Schlucken und Sprechen erfüllen müssen. Auch unsere Mimik und nicht zuletzt unser unverwechselbares Aussehen werden entscheidend von den Gesichtsstrukturen geprägt. Trotz aller Bemühungen haben wir es leider noch nicht geschafft, den Begriff MKG in der Öffentlichkeit genauso bekannt zu machen wie beispielsweise HNO.

Für diese vielfältigen und komplexen Aufgabenfelder sind die Fachärzte für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie besonders gut gerüstet. Sie müssen sowohl ein abgeschlossenes Studium der Medizin (Arzt) wie auch der Zahnmedizin (Zahnarzt) vorweisen und anschließend eine mindestens fünfjährige klinische Weiterbildung in einer Fachklinik absolvieren. Entsprechend einem umfangreichen Katalog müssen dabei Operationen und Behandlungen im gesamten Spektrum des Faches durchgeführt werden – angefangen bei der Entfernung von Weisheitszähnen über Tumoroperationen, plastisch-rekonstruktive (wiederherstellende) Eingriffe bis hin zu Kieferumstellungsoperationen.

Durch diese sehr lange Ausbildung (über 15 Jahre) ist der MKG-Chirurg für alle operativen Eingriffe im Gesichtsbereich hochspezialisiert. Die Facharztbezeichnung der Mund-,Kiefer-und Gesichtschirurgie ist damit das Bindeglied zwischen der Ärzteschaft und der Zahnärzteschaft. Zusammen mit der Neurochirurgie, der Augen- und der HNO-Heilkunde gehört sie zu den kopfchirurgischen Fächern. Aufgrund der Komplexität der MKG-Chirurgie ist häufig eine Zusammenarbeit mit anderen Fachärzten (z.B. Augenärzten, Hautärzten, HNO-Ärzten, Neurologen, Orthopäden, Psychotherapeuten, Schmerztherapeuten) und naturgemäß mit den Zahnärzten erforderlich. In unserer Praxis hat Dr. Klein darüber hinaus nach jahrelanger Erfahrung in der plastischen Chirurgie und nach zusätzlicher Prüfung und dem Nachweis vieler derartiger Operationen die Zusatzbezeichnung “Plastische Operationen” erworben.

Der Oralchirurg dagegen ist ein chirurgisch weitergebildeter Zahnarzt ohne absolviertes Medizinstudium und ohne medizinische Approbation

Es sind nicht nur alle Sinnesorgane im Kopf- und Gesichtsbereich angesiedelt, sondern das Gesicht bleibt auch immer unbedeckt und damit frei sichtbar für jedermann. Daher ist nur allzu verständlich, wenn chirurgische Maßnahmen in dieser Körperregion mit größter Skepsis vom Patienten wahrgenommen werden. Der Facharzt für MKG-Chirurgie ist auf die Versorgung seines Patienten in dieser höchst sensiblen und hochwertigen Region gut vorbereitet.

Geschichte der Kieferchirurgie

Die geschichtliche Entwicklung des Faches der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) verdankt sie den traurigen Folgen der beiden Weltkriege. Denn noch in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts waren es Allgemeinchirurgen, die wie Partsch (1855-1932) und Busch (1844-1916) die zahnärztliche Chirurgie und wie Lexer (1867-1936) und Josef (1865-1933) die plastische Gesichtschirurgie maßgeblich gestalteten. Der Massenanfall von Kiefer- und Gesichtsverletzten in den Weltkriegen zwang jedoch in großem Umfang zahnärztliche Techniken und zahnärztliche Materialien in die operative Behandlung einzubeziehen. Dies führte dazu, daß Allgemeinchirurgen die zahnärztliche Technologie erlernten oder Zahnärzte sich allgemeinchirurgische Kenntnisse aneigneten, wie dies auf hohem Niveau Bruhn (1969-1942) und Ganzer (1879-1960) gelang. Die logische Konsequenz aus dieser Entwicklung war es, einen chirurgisch weitergebildeten Mediziner mit zahnärztlicher Qualifikation zu fordern. So erwartete man bereits 1927 vom Chirurgen Axhausen (1877-1960) zu seiner Berufung an die Charite zusätzlich das zahnärztliche Staatsexamen. Seitdem gehört in Deutschland die zahnärztliche Ausbildung neben der chirurgischen Qualifizierung zum Berufsbild des Kieferchirurgen; die Anbindung der kieferchirurgischen Stationen an die „Zahnkliniken“ wurde durch organisatorische Zwänge sinnvoll.

Inzwischen ist dieses Bindeglied zwischen allgemeinmedizinisch orientierter Chirurgie und zahnärztlich orientierter Technologie brüchig geworden. Neue operative Techniken und Taktiken haben auf nahezu allen Gebieten der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, die noch vor wenigen Jahren obligaten zahnärztlich-orthopädischen Verbandsmittel und Stützapparaturen zum größten Teil entbehrlich werden lassen. Diese Fortschritte, die nicht nur eine Verbesserung der Operationsresultate, sondern auch die Verkürzung der Behandlungsdauer und eine Erleichterung der Behandlungsumstände für den Patienten bedeuteten, sollen für Teilbereiche des Faches dargelegt werden.

Weichteilrekonstruktion

Die Rekonstruktion von Weichteildefekten erhielt völlig neue Impulse durch die Entwicklung der vaskulär und myokutan gestielten Nahlappen sowie durch die mikrovaskuläre Reanastomosierung von Haut- und Schleimhautlappen. Diese zur Sofortversorgung eines Weichteildefekts geeigneten Lappen ersetzten die Fernlappen, die über mehrere Behandlungsstationen erst in das Defektgebiet gebracht werden mussten. Die bei diesem Vorgehen häufig notwendigen Stütz- und Hilfsapparaturen sind durch die einzeitigen Versorgungstechniken überflüssig geworden.

Knochenrekonstruktion

Die Rekonstruktion von Kontinuitätsdefekten der Kiefer durch autogene Knochentransplantate gehört schon seit mehreren Jahrzehnten zum Standardrepertoire der Kieferchirurgie. Ein entscheidender Fortschritt gelang jedoch mit der funktionsstabilen Fixierung der Transplantate an die Kieferstümpfe durch Osteosynthesen. Umständliche Fixierungshilfen, wie sie insbesondere beim zahnlosen und zahnreduzierten Patienten in Form von Prothesenschienen, perimandibulären Drahtfixierungen, internen Drahtaufhängungen und extraoralen Hilfen erforderlich waren, wurden entbehrlich.

Dysgnathiechirurgie

Skelettverlagernde Eingriffe werden heute im Oberkiefer etwa gleich häufig wie im Unterkiefer vorgenommen; auch das gleichzeitige Verlagern von Oberkiefer und Unterkiefer in einer Operationssitzung ist kein Problem mehr. Nachdem die Osteotomien überwiegend in den 50er und 60er Jahren entwickelt wurden, war der Fortschritt in den 70er und 80er Jahren durch die geänderte Art der Osteosynthese gekennzeichnet. Der osteotomierte Kiefer kann unter Verzicht auf jegliche orthopädisch-technische Hilfen funktionsstabil durch Kleinplatten- und Schraubenosteosynthesen fixiert werden. Präzises Planen und intraoperatives Realisieren der Planung ist bei diesem Vorgehen Voraussetzung. Ein kurzes Krankenlager, eine frühzeitige funktionelle Umstellung durch Verzicht auf mandibulomaxilläre Fixation sowie Verringerung der Rezidivgefahr sind die entscheidenden Vorteile.

Traumatologie

In der Traumatologie wurden ebenfalls die entscheidenden Fortschritte des letzten Jahrzehnts auf dem Gebiet der internen Fixierung der Fragmente gemacht. Stand zunächst am Unterkiefer die funktionsstabile Osteosynthese durch statische Kompression von voluminösen Schrauben-Platten-Systemen im Vordergrund, geht die Tendenz zur Zeit eindeutig dahin, miniaturisierte Plattensysteme zu verwenden und durch belastungsorientiertes Anbringen die Funktionsstabilität durch dynamische Kompression zu erreichen. Die Miniplattenosteosynthesen am Unterkiefer haben die Invasivität der Osteosyntheseeingriffe verringert und meist einen enoralen Zugang ermöglicht. Auch bei Oberkiefer- und Jochbeinfrakturen läßt sich Funktionsstabilität durch die Verwendung von Miniplattensystemen ohne orthopädisch-technische Hilfsmittel in der Regel realisieren.

Spaltchirurgie

Auch in der Spaltchirurgie haben neue Operationstechniken und -taktiken die für die Säuglinge und Kleinkinder häufig lästigen orthopädischen Stütz- und Verbandshilfen reduzieren lassen. Lediglich die unmittelbar nach der Geburt eingegliederten Gaumenplatten zur funktionellen Trennung von Mund-und Nasenhöhle gehören zur Routine. Diese Gaumenplatten werden von den Säuglingen fast immer problemlos angenommen und ermöglichen eine effektive Steuerung der Wachtumspotenzen im gespaltenen Kiefer-Gaumenbereich. Am eindrucksvollsten wird die Möglichkeit, auf umfangreiche apparative Hilfsmittel zu verzichten, bei den doppelseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten mit stark protrudierter Prämaxilla sichtbar. Frühzeitiges Einsetzen einer Gaumenplatte mit einzeitigem Verschluss der Lippenspalten unter kompletter Rekonstruktion des Muskelrings über die Prämaxilla lassen ohne weitere Hilfen eine reguläre Einstellung des Zwischenkiefers zu den seitlichen Kieferstümpfen erreichen 

Dento-alveoläre Chirurgie

Die Neuerungen der dento-alveolären Chirurgie hatten einen ähnlichen Effekt wie die der klinischen Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie: weg von technisch-apparativen und restaurativen Maßnahmen, hin zu erhaltenden oder operativ-ersetzenden Lösungen. Als Beispiele hierfür können dienen:

  • operative Zahnerhaltung (WSR)
  • Knochendeckeltechnik
  • Extensionsplastik
  • Zahntransposition
  • alloplastische Zahnimplantate
  • alloplastischer Knochenersatz durch diverse Knochenersatzmaterialien
  • Schleimhautersatztechniken
  • Zystenbehandlung mit Knochentransplantaten
  • Fibrinklebung.

Durch alle diese Neuerungen werden vertraute zahnärztlich-technische und zahnärztlich- restaurative Maßnahmen drastisch reduziert und gleichzeitig neue und für den Zahnarzt in dieser Konsequenz bisher nicht realisierbare Ansprüche gestellt. Wie unschwer aus der oben angegebenen Liste der Neuerungen zu entnehmen ist, handelt es sich ganz überwiegend um Maßnahmen der Transplantation und Implantation. Um diese Behandlungen erfolgreich vornehmen zu können, sind weniger zahnärztlich-technische Kenntnisse erforderlich als ein umfassendes Wissen in der Physiologie, Pathophysiologie, Immunologie, Pharmakologie und Hygiene.

Es gibt viele Beispiele mehr, die belegen, dass die entscheidenden operativen Fortschritte der 80er Jahre darin bestanden, auf technisch-apparative Hilfsmittel verzichten zu können. Man kam damit dem Ziel, in möglichst kurzer Zeit mit möglichst geringer Belastung des Patienten zum bestmöglichen Resultat zu kommen, ein gutes Stück näher. Immer war jedoch diese Entwicklung mit erhöhten operativen und perioperativen Ansprüchen verbunden. Die Operationszeit wird länger, die Operationstechnologie wird komplizierter, die Eingriffe werden zum Teil invasiver, die Ansprüche an die Asepsis und das atraumatische Operieren – zum Teil unter dem Operationsmikroskop – werden größer, so dass eine verstärkte Hinwendung der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zu ihrem Mutterfach Chirurgie und somit zur Allgemeinmedizin im letzten Jahrzehnt zwangsläufige Folge waren.

Keinesfalls bedeutet jedoch diese Entwicklung, dass die Zahnheilkunde und somit auch die zahnärztliche Approbation für den Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen entbehrlich geworden ist. Im Gegenteil, je mehr sich die technisch-apparative Verbindung zwischen Mund-Kiefer- Gesichtschirurgie und Zahnheilkunde lockerte, um so bedeutungsvoller wurde die Verbindung über die Gnathologie; heute geht der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg mit gleichem Selbstverständnis mit dem Artikulator um wie vor Jahren mit Gips, Stents oder Guttapercha. Zähne, Parodontien, Kiefer, Kiefergelenke, Kaumuskulatur, Mundöffner, Zunge, periorale Weichteile und mimische Gesichtsmuskulatur sowie deren zentral-nervöse Steuerung bilden eine funktionelle Einheit, die in der Gnathologie ihr Bindeglied findet. Diese Verbindung zwischen Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Zahnheilkunde ist umfassender und zwingender als die bisherige über die zahnärztliche Technik.2

1: Copyright Landesverband ambulantes Operieren Dr. Dr. Jürgens

2: Copyright Prof. Dr. Dr. K. H. Austermann